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zoya1994

Wann ist ein Unternehmen eigentlich "gesund"?


Ein neuer Monat, eine neue Phase, ein Ausbruch aus dem Lockdown. Eine gefühlte Eruption in die Freiheit. In die Freiheit der freien Wirtschaft, der nicht ganz so freien Öffnungszeiten von Geschäften und Restaurants und die Freiheit des globalen Handels. In die Freiheit der Verwandten- und Elternbesuche - im Krankenhaus, im Altersheim, in den Pflegestationen. Zweifellos kehrt ein Stück Menschlichkeit zurück. Aber es ist eben auch eine Eruption in die Freiheit des gedankenlosen Konsums, des Eisessens, in die Freiheit des Schnitzel-mit-Pommes-frites-und-Mayo-Abends. Jene Freiheit, unter der die gesunden Teile unseres neuen Lebens der letzten Wochen leiden werden: Wo werden sie bleiben, die Heim-Yoga-Abende, die tausenden von Radfahrer, Wanderer, Fitness-Kurs-Teilnehmer im Wald, die an Ästen Klimmzüge, neben Ameisenhügeln Liegestütze trainieren durften. Wo werden sie bleiben, die hunderttausenden von Bürgern, die erstmals entdeckt haben, dass Bewegung kein von Außerirdischen aufgezwungener Zustand, sondern eine Methode ist, sich und seinen Körper gesund zu halten. Gesundheit als Schlüsselfrage der Zukunft Gesund ist nicht automatisch der, der kein Corona-Virus in sich trägt. Und krank nicht der, der mit Body Mass Index 30 am Bier-, Stamm - oder sonstigem Tisch verweilt. Leider vereengt sich die Diskussion dieser Tage auf dieses eine einzige Kriterium: Bin ich oder bin ich nicht? Dabei greift die Diskussion ja viel weiter: Welche Gesundheit wollen wir? Reicht uns die Virenfreiheit aus? Die erfolgreiche Flucht vor Pandemie, Krebs, Alzheimer oder Demenz? Das Wissen, nicht ins Krankenhaus zu müssen? Oder reicht schon die Vermeidung seelischer Verwerfungen, jedes Unmutzustandes, jeder depressiven Lebensphase aus, uns als gesund zu bezeichnen? Darüber haben sich schon klügere Köpfe als ich das Gehirn zermartert und es so weit getrieben, die Gesunden für krank und die mental Kranken als die eigentlich Gesunden zu bezeichnen. Die Frage wird nicht nur für Unternehmer wichtig, die nach der Krise das Gesundheitsmanagement in ihrer Firma neu aufsetzen müssen, sondern für jeden von uns, der seine eigene Vorstellung seiner eigenen Gesundheit entwickeln muss. Wann bin ich gesund? Und was muss, ja was will ich dafür tun. Eine Schlüsselfrage der Zukunft. Gesundheit ist ein sozialer Zustand Über viele Dinge sagen wir ja mit leichter Zunge "Das kann nicht gesund sein" und meinen damit nicht die 20. Zigarette am Tag, sondern überfallartigen Massentourismus, Pestizidbestäubung an Weinreben, hohen Fleischkonsum, die ins Gesicht wehenden Auspuffgase eines ungepflegten Opel Astras, gegen die auch die beste Gesichtsmaske nicht mehr hilft. Auch die 24-Stunden-Beschallung mit negativen- und Skandal-Nachrichten, die mediale Rundumversorgung, unsere digitale Vollvernetzung - von all dem sagen wir gerne, dass all das nicht gesund sein kann. Offenbar ist Gesundheit also eng mit unserem zivilisatorischen Lebensstil verknüpft, mit dem Zuviel an allem, das wir nicht mehr leichthändig nach links wegschieben können, weil wir längst fundamentale Abhängigkeiten von dieser Art des Lebensstils entwickelt haben.  Gesund ist also offenkundig nicht nur ein individueller Zustand, sondern meint auch die soziale Verfasstheit einer Gesellschaft und ihrer einzelnen Teile. Mobbing, emotionalste Dispute und verbale Schägereien im Internet, Hasskommentare und gedankliche Vernichtungsangriffe gegen alle, die anderer Meinung sind - gesund ist das - wie gesagt - nicht. Die Debatten- und Diskussionskultur hierzulande müsste längst als infiziert gelten und hätte Anspruch auf einen freien Hospitalplatz mit vorrangiger Behandlung. Eine Gesellschaft, in der der Kampfmodus die vorherrschende Geisteshaltung auf Autobahnen genauso wie an Stammtischen ist, kann nicht als gesund gelten. Wann ist ein Unternehmen gesund? Doch lassen Sie uns die Frage zum Schluss ausweiten: Wann sind Unternehmen "gesund"? Reicht der kühl kalkulierende Blick auf Ergebnis, Gewinn, EBITDA, Cashflow und Wachstum wirklich aus? Ist ein Unternehmen gesund, wenn die Bilanz stimmt? Oder bemisst sich seine Gesundheit an der Zufriedenheit der Mitarbeiter? An der Sicherheit, nicht auf einem asbestverseuchten Grundstück arbeiten zu müssen? Ist es gesund, wenn es eine stabile Kundenstruktur aufweisen kann? Und bleibt damit doch in den klassischen Bewertungsmustern von Finanzmärkten, Investoren, Banken und Börsen hängen. Das hat wenig Innovatives. Oder ist ein Unternehmen nicht eher dann gesund, wenn Gedanken frei fließen können, wenn Ideen fruchtbaren Boden finden, wenn alle Zellen ausreichend Sauerstoff erhalten in Form von Motivations-Enzymen? Wer ist in Ihrem Unternehmen das Gehirn? Wer ist das Herz? Wer die Lunge? Wo die Seele? Welchen Sinn hat es, dass Sie existieren? All das werden Sie beim nächsten Kreditgespräch mit ihrem Bankberater nicht wirklich sinnvoll verwenden können. Aber ihre Führungskräfte, ihre Mitarbeiter, vielleicht sogar ihre Kunden werden solche Fragen genau als das verstehen, was sie sind: Als Impulse, Unternehmen in der Zukunft neu zu definieren - nicht als klar strukturierte Anweisungspyramiden, sondern als atmende, sich gegenseitig befruchtende, eben "gesunde" Organismen.

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